Weniger als 1 Minute LesezeitLesezeit Minuten

4 Lösungen und eine Anastrophe

Ich könnte hier viele Beispiele auflisten, wann Situationen als Krise bezeichnet wurden, und die Herausforderungen wiederholen, die heute und in der Zukunft anstehen. Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist: warum machen wir das?

Krise

Fangen wir vorne an und gucken auf die Definition des Wortes „Krise“:

Eine Krise (lateinisch Crisis) ist im Allgemeinen ein Höhepunkt oder Wendepunkt einer gefährlichen Konfliktentwicklung in einem natürlichen oder sozialen System, dem eine massive und problematische Funktionsstörung über einen gewissen Zeitraum vorausging und der eher kürzer als länger andauert.[1]

Die mit dem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation bietet in der Regel sowohl die Chance zur Lösung der Konflikte als auch die Möglichkeit zu deren Verschärfung.[2] Dass es sich hierbei um einen Wendepunkt handelt, kann jedoch oft erst konstatiert werden, nachdem die Krise abgewendet oder beendet wurde.[3] Nimmt die Entwicklung einen dauerhaft negativen Verlauf, so spricht man von einer Katastrophe (wörtlich in etwa „Niedergang“).

Quelle: Wikipedia

Interpretation

Wenn ich diese Definition lese, kann ich sofort sagen, dass die Bezeichnung einer Situation als Krise FALSCH ist. Die Bewertung einer Situation als Krise kann erst NACH dem Abwenden oder Beenden der Situation stattfinden.

Erschaffen wir selbsterfüllende Prophezeiungen, indem wir Situationen als Krise bezeichnen, bevor wir die „Krise“ abwenden oder beenden? Sind wir mit verantwortlich für die Katastrophe?

Die gegebene Entscheidungssituation wird nicht neutral und vollständig betrachtet. Wir limitieren uns selbst und sehen nur die Krise und nicht die Chance. Chancen werden übersehen, eine Abwenden der Krise wird so unwahrscheinlich. Wir verbauen uns den Weg aus einer Situation hin zu einer Anastrophe! 

Ich finde es sehr bezeichnend, dass jeder das Wort „Katastrophe“ kennt, und ich erst einmal das Gegenteil von Katastrophe googeln musste:

Unter einer Anastrophe (griechisch Αναστροφή = Kehrtwende, aus aná = um, hinauf und stréphein wenden) versteht man in der Soziologie (Walter L. Bühl, Dieter Claessens) den Gegenbegriff zur „Katastrophe“: eine umfassende oder lokale Wendung zum Besseren.

Quelle: Wikipedia

4 Fragen

Warum bewerten wir so viele Entscheidungssituationen als Krise? 

  • Geht es um Fehler in der Vergangenheit? Für mich ist es nicht interessant „wer Schuld ist“. Das Schuld-Prinzip befeuert eine Diskussion um die Vergangenheit, die wir nicht verändern können. Wir können nur daraus lernen und die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.
  • Haben wir zu viele Informationen? Wir leben in einer Welt, in der uns sehr viele Informationen zur Verfügung stehen- sehr viel mehr als in der Vergangenheit. Deswegen können wir Entscheidungen, die z.B. vor 5 Jahren getroffen wurden und richtig waren, heute anders bewerten und kommen zu einem anderen Ergebnis. Weil wir mehr wissen. Mit mehr Informationen können wir bessere Fragen stellen und bessere Lösungen finden. Natürlich ist die Verarbeitung und Bewertung von Informationen komplex.
  • Geht es um schnelle Lösungen? Im Business-Kontext höre ich oft von „low hanging fruits“ und „quick fixes“. Es gibt genug Situationen, die nicht sofort und schnell lösbar sind. Manchmal muss eine „alte Frage“ wieder gestellt und neue beantwortet werden; manchmal müssen „neue Fragen“ gestellt werden. Es gibt viele Beispiele für Systeme, die über Jahre aufgebaut wurden, und nicht einfach so zu ändern sind. Existierende Strukturen müssen geändert werden, neue Teilnehmer kommen hinzu, bestehende fallen vielleicht raus. Es geht also um Veränderung.
  • Geht es um Werte und Richtung? Was ist der Zweck Deines Unternehmens? Der Business Roundtable (eine gemeinnützige Vereinigung mit Sitz in Washington, D.C., deren Mitglieder Vorstandsvorsitzende großer amerikanischer Unternehmen sind) hat 2019 seine Definition aktualisiert. Statt „der höchsten Rendite“ ist der Zweck eines Unternehmens der Dienst am Kunden, der Aufbau einer Belegschaft, die sich durch Vielfalt, Inklusion und Respekt auszeichnet, und der Schutz der Umwelt durch nachhaltige Praktiken.
4 Lösungen

Wir können aus dem Krisen-Modus in den Chancen-Modus wechseln:

  • Lasst uns aus den Fehlern der Vergangenheit lernen anstatt sie zu wiederholen oder zu vertuschen. Lasst uns heute Fehler machen, die wir in der Zukunft anders bewerten werden.
  • Lasst uns komplexe Situationen wertfrei analysieren anstatt daran zu verzweifeln oder sie zu ignorieren. Deswegen zerlegen wir große Ziele „Was will ich erreichen?“ (Objective) in kleinere, messbare Ziele (Key Results). 
  • Manche Lösungen brauchen Zeit. Es ist völlig in Ordnung zu sagen „darauf habe ich jetzt keine Antwort.“
  • Dient Euren Kunden, baut eine Belegschaft auf, die sich durch Vielfalt, Inklusion und Respekt auszeichnet, und schützt die Umwelt durch nachhaltige Praktiken.

Nehmen wir das Gute der Krise, die Dringlichkeit, und erschaffen wir jetzt die Geschwindigkeit und das Ausmaß für eine globale Anastrophe.

anastrophe

Rhetorik

Unter einer Anastrophe (Kunstwort für eine Umkehrung, aus dem griechischen ἀνά aná = hinauf und στρέφειν stréphein = wenden) oder auch Inversion (lateinisch Umkehr) versteht man eine rhetorische Figur, bei der abweichend von der üblichen grammatikalischen Wortstellung zwei sprachlich zusammengehörende Worte umgestellt werden.

Quelle: Wikipedia